Sozialisierungstraining inkl. Socialwalks

 

Wenn der Hund in Hundebegegnungen regelmäßig ausrastet und du hilflos am Ende der Leine stehst, brauchst du Unterstützung. Diese Situation ist für dich und deinen Hund gleichermaßen belastend und für das Gegenüber ebenfalls unschön. Social Walks sind ein tolles Trainingselement, damit dein Hund und du schöne und entspannte Erfahrungen mit anderen Hunden sammeln könnt. 

Ich bin ein riesiger Fan des Formates und es gehört in meinem Training zu den Standardelementen. In beinahe jeder Trainingswoche bringe ich dieses Element unter, wissend, was es bewirken kann. 

Was für mich sonst noch elementar beim Training für die Begegnungen an der Leine ist, habe ich dir in diesem Artikel zusammengestellt. 

Social Walks haben eine besondere Magie und bergen wahre Schätze an Aha-Erlebnissen und Erkenntnisse für Hund und Mensch. 

Wie so oft, ist das „WIE“ ein entscheidender Punkt für den Erfolg. Deswegen habe ich dir wichtige Aspekte zusammengestellt.


1. Was ist eigentlich ein Social Walk?

Hinter dem Begriff verbirgt sich schlichtweg ein Lernspaziergang, der einen besonderen Fokus auf die Anwesenheit der anderen Hunde legt.

Dafür trifft sich eine kleine Gruppe Mensch-Hunde-Teams und geht mit sicherem Abstand gemeinsam spazieren. Die Hunde bleiben meistens an der Leine und ein Nahkontakt oder direkte Interaktion ist nicht das primäre Ziel. Die Menschen sind hierbei dafür verantwortlich die Situation so zu gestalten, dass die Hunde dies ungestört üben können und sich dabei wohl und sicher fühlen. Die Hund-Mensch-Interaktion wird für diesen Zweck auf ein Minimum zurückgeschraubt.

2. Welcher Zweck wird damit verfolgt?

Die Hunde sollen lernen :

  • sich in Anwesenheit von anderen Hunden auch wieder mit der Umwelt beschäftigen zu können und Umwelterkundung zu zeigen

  • Artgenossen in ihrem Umfeld zu ertragen und nicht als bedrohlich zu empfinden

  • sich ohne Druck mit anderen Hunden auseinandersetzen, sie zu beobachten, die Geruchsspuren zu untersuchen und sich dabei eigenständig zu entspannen

  • ihre Kommunikation (wieder) voll einzusetzen und zugleich die der anderen zu lesen

  • sich freundlich und höflich anderen anzunähern und eigenständig die vom Anderen benötigten Abstände einzuhalten

Doch natürlich lernt auch der Mensch:

  • die Körpersprache des Hundes besser zu lesen

  • zu erkennen, wovon Erfolg in einer Hundebegegnung abhängig ist

  • sich selbst zu entspannen, wenn andere Hunde anwesend ist

  • seinem Wissen und seinem Hund zu vertrauen

  • seinem Hund ein Stück Kontrolle zurückzugeben

  • sich selbst zurückzunehmen

3. Warum ist dieses Format so wirkungsvoll?

Meiner Meinung nach ist der wichtigste Aspekt die Zeit. In unserem hektischen Alltag nehmen wir uns für Begegnungen oft nicht die Zeit, die sie benötigen. Wir haben es eilig oder wollen schnell durch, ehe wieder etwas passiert. Verständlich, doch es raubt dem Hund auch Lerngelegenheiten. Zugleich wird durch die Auswahl des Umfeldes, das gemeinsame Erkunden und unterwegs sein, die Aufmerksamkeit geteilt und – anders als auf einem Trainingsgelände – der Fokus nicht permanent auf die anderen Hunde gelenkt. Der Hund kann lernen, dass er gar nicht immer vertreiben, distanzieren und im Auge behalten muss.

Beim Social Walk bekommen die Hunde die Möglichkeit das Tempo zu bestimmen, eigene Signale und Strategien zu testen und sich ihrer bevorzugten Wege zu bedienen. Dein Hund darf sich also selber rantasten und du ihn dabei beobachten. 

4. Wer kann an einem Social Walk teilnehmen?

Mir ist es wichtig, dass die Teams zueinander passen und sich nur Teams treffen, die eine gute Erfahrung sammeln können. Das bedeutet nicht, dass sie den gleichen Trainingsstand haben müssen.

Ich überlege mir eher, wie groß die Herausforderung für die Hunde ist und:

  • ob ein gemeinsamer Spaziergang möglich ist. 

  • wie lang er maximal sein sollte.

  • welches Umfeld für diese Teams richtig ist.

  • was mein Ziel für diesen Social Walk ist

  • was die Motivation der Hunde ist


Es macht keinen Sinn, Hunde zu kombinieren, bei denen der eine unbedingt hin will um „Hallo“ zu sagen, und der andere bei jeder Tendenz der Annäherung in die Luft geht. Das ist für beide frustrierend.

Auch mit einem „Will-immer-hin-Hund“ kann man mal an Social Walks teilnehmen, um neue Strategien zu lernen und vielleicht auch Kontakt zu anderen Hunden vorbereiten

Grundsätzlich finde ich dieses Element für alle Hundehalter spannend und ein guter Social Walk schadet nie.  

5. Welches Training ist im Vorfeld nötig?

​Du solltest in entspannten Situationen und bei kleinen Herausforderungen, sicher im Leinenhandling sein.
Dazu gehört für mich auch ein feines Ausbremsen an der Leine.

Es sollte dir möglich sein, dich zurückzunehmen und deinen Hund zu beobachten und ein Stück Entscheidungsfreiheit zu gewähren.

6. Was sollte ein solcher Lernspaziergang beinhalten?

Ich liebe schlichte Social Walks in denen ruhig gegangen und beobachtet wird. Sie sind die Basis und die „Urform“. Für mich sollte diese Art des Laufens den Hauptteil der Social Walks ausmachen. Wie so oft, liegt im Minimalismus eine gewaltige Kraft. Es kommen so auch genügend Möglichkeiten für die Umwelterkundung zustande. Hierfür ist definitiv genug Zeit einzuplanen.

Wenn möglich kann man ein Parallellaufen mit einplanen. 

Je nach Teilnehmer, Ziel und Situation integriere ich jedoch auch unterschiedliche Elemente, z.B. aus dem Begegnungstraining und lasse so die Reihenfolge der Teams ändern. 

7. Woran erkenne ich einen guten Aufbau?

Es ist immer so, dass ein geordneter Start schon beim Parken anfängt.

Durch etwas Planung lässt sich hier schon großer Stress und Aufregung vermeiden. 

Absprachen und Vorbereitung können vorher bereits getroffen werden oder während die Hunde in den Autos warten.

Während des Lernspaziergangs ist jedes Team bei sich und auf sich fokussiert. Die Abstände und Laufmuster werden durch Beobachten und Kommunikation mit den anderen abgestimmt.

Auch das Ende sollte geordnet und hundgerecht ablaufen. Gerade zum Schluss sind die Hunde erschöpft und wir Menschen häufig unachtsam. Ein guter Social Walk endet ruhig und besonnen! Wenn die Hunde gut in den Autos warten können, kann nach dem Verstauen noch eine Reflexions-Runde stattfinden.

8. Vorsicht – Social Walks sind anstrengend

Das Beobachten fordert unsere Aufmerksamkeit und Konzentration. Wir sind am Ende eines Social Walks daher zwar meistens entspannt, aber auch müde und nicht mehr gut in der Konzentration. Wenn du merkst, dass deine Konzentration nachlässt, beginne bei den Abständen einen Sicherheitspuffer einzuplanen.

Doch auch für die Hunde ist es anstrengend. Sich zu trauen, etwas zu wagen und mehrere Dinge gleichzeitig im Auge zu behalten, ist herausfordernd.

9. Warum bleibt der Hund in der Regel an der Leine?

Die Leine ist beim Social Walk ein wichtiges Element. Denn sie gibt uns Sicherheit. Und das nicht nur für den Angeleinten, sondern vor allem den anderen. 

Wer einen Hund hat, der bereits im Nahkontakt aggressiv auf andere Hunde reagiert hat, ist zunächst nicht entspannt, wenn Hunde im Freilauf um ihn springen. 

Wir wollen allen – Hund und Mensch – entspannte Lerngelegenheiten ermöglichen und Zwischenfälle vermeiden, sowie häufige Mensch-Hund-Interaktionen vermeiden. Die Leine schafft dafür einen Rahmen, genauso wie die passenden Abstände.

10. Was benötige ich, um einen Social Walk durchzuführen?

Ein für den Hund attraktives und spannendes Umfeld.

Mensch-Hunde-Team als Sparringspartner.

Zeit und Geduld.

3-5 m Leine.

Belohnungen für den Fall, dass du unterstützen musst.

Gute vorherige Absprache.

11. Wie geht es nach den Social Walks weiter?

Die Social Walks können euch euer ganzes Leben begleiten. Mit der Zeit werden sie sich sicher verändern. Ich liebe es auf diesem Weg, echte Hundefreundschaften entstehen zu sehen, die am Ende (nach mehreren Spaziergängen) den Nahkontakt aufbauen, alle oben genannten Regeln brechen und gemeinsam in den Freilauf gehen. 

Wenn dein Hund mit einem Hund gute Erfahrungen gesammelt hat, kannst du mit anderen Hunden weitermachen und parallel mit dem ersten intensivieren. 

Du kannst an den vertrauten Hunden neue Settings, wie das passieren lassen oder vorbeigehen üben und so das Handling trainieren und Erfolge feiern.

Nach oben sind hier keine Grenzen gesetzt. Denke nur stets daran, was im Rahmen eines Social Walks funktioniert, überträgt der Hund nicht automatisch in jeden anderen Kontext. Dafür braucht es Lerngelegenheiten und Erfolge. Mit der Vorbereitung durch einen Social Walk wird das deutlich einfacher!